INTERVIEW: Marieke Reimann zu Sexismus in Führungspositionen

Ich war Anfang Oktober auf der Frankfurter Buchmesse und habe mir das Gespräch „MAKE A CHANGE: FEMALE LEADERSHIP IN THE DIGITAL AGE“ mit Rita Bollig, Sonja Hawranke und Marieke Reimann angehört. Nach der Veranstaltung konnte ich Marieke noch kurz ein paar Fragen stellen. Sie ist Chefredakteurin von ze.tt, einem Online-Magazin der ZEIT und das schon  mit 31 Jahren! Das Thema Kampf gegen Sexismus ist für sie, wie für viele Frauen, wichtig.

Marieke Reimann (Mitte) bei der Media Convention 2016 zum Thema „Wie schaffen wir den Sexismus ab“

Wolltest du schon immer in einer solchen „Leader-Rolle“ sein? Du bist ja jetzt Chefredakteurin bei ze.tt. Hast du schon früher gesagt: Ich will später in eine Führungsposition?
Also, ich war immer schon Klassensprecherin oder beim Sport die Kapitänin. Ich habe irgendwie festgestellt, dass mir Leute zuhören und dass ich schnell organisieren kann. Ich hatte mir jetzt nicht explizit vorgenommen, Deutschlands jüngste Chefredakteurin zu werden. Dass ich mit 30 dann schon Chefin bin von einem Magazin bin, hätte ich mir nie träumen lassen. Das hatte ich eher so für um die 50 angepeilt.

Hat sich da dann auch etwas für dich offenbart? Etwas was du nicht erwartet hast, was du als Chefin heute tust?
Also ich hätte nicht gedacht, wie umfassend es ist Personal zu verwalten und zu rekrutieren. Dass das nochmal ein eigener Bereich ist von dem „Chefinnendasein“- Das habe ich unterschätzt.

Ich bin jetzt 20 Jahre alt, meine Kommilitoninnen sind auch circa Mitte Zwanzig. Was wünschst du dir von unserer Generation zu diesem Thema? Worauf sollten wir selbst achten oder eher was sollten wir vertiefen?
Also, ich würde empfehlen, dass gerade Mädels oder eben jungen Frauen früh beigebracht wird, dass es gut ist zu wissen was man kann und es auch zu sagen. Dass ihr keine Angst habt auf irgendwelche Schlipse zu treten, aber dabei klarere Thesen bereit legt. Wenn du eine Idee für eine Geschichte oder ein Projekt hast, überlegst du dir davor zwei Sätze worum es dabei geht und warum das gemacht werden muss. Je öfter man das übt, desto eher wird es bei Chefinnen und Chefs abgenommen. Dabei ist auch die Körperhaltung wichtig. Grade stehen und mit fester Stimme sprechen. Und zusätzlich wichtig ist mir noch, dass ihr euch nicht gegenseitig bekriegt. Denn das ist wirklich ein Problem, dass Frauen sich gegenseitig nichts gönnen. Dabei sollte man Frauen gezielt fördern und für sie genauso da sein, wie für Männer.

Was war wirklich das Heftigste, das du je an Gegenwind bekommen hast?
Es gibt nicht das heftigste Erlebnis schlechthin, aber es ist eine Aneinanderreihung von Einzelerlebnissen, die einem dann schon wie ein Stein auf der Brust liegen. Und es fordert tatsächlich auch immer wieder Mut, in gewissen Situation seine Frau zu stehen. Das fängt an bei Meetings, in denen sonst nur Männer sitzen und Themen besprochen werden wie Sexuelle Beziehungen. Und du stehst da als einzige Frau und redest über Artikel, die Sex behandeln oder Menstruation. […] Da ist dann oft das Verständnis [von Männern] dafür nicht da, weil sie nicht „Opfer“ dessen sind. Und dann als Frau dafür und verschiedene andere Frauenthemen dazustehen ist dann manchmal nicht so einfach.

Und dann ist das Risiko da, abgestempelt zu werden..
Genau, als Super-Emanze oder sonst was. Aber, hey, mittlerweile ist mir das total egal.

Und das merkt man! Ihre Souveränität, Coolness und Selbstbewusstsein sind einfach inspirierend und zeigen uns: Hey, eigentlich können wir das doch alle auch sein! Frauenpower, das strahlt Marieke einfach aus – ohne eine „Super-Emanze“ zu sein.

 

BILDER: (1) Media Convention 2016: TINCON/Gregor Fischer© (2) Titel unbekannt: via Wikipedia, (3) Titel unbekannt: via Wikipedia

Leave A Reply

Navigate